Album der Woche: Elias – „Came from Nothing“

Künstler: Elias
Titel: Came from Nothing
Features: –
Produzenten: Mesh, Juh-Dee, Minhtendo, Ambezza
Label: Epic / Sony

 

Joshuas Erwartungshaltung:

Auf dieses Album warte ich seit 2018. Nachdem ich „Remember The Name“ gehört habe, wurde ich sofort zum Fan. Nur folgerichtig habe ich Elias dann auch in die BACKSPIN Class 2019 gepackt. Alles, was bisher releast wurde, trifft genau meinen Geschmack. Elias und ich sind fast gleich alt. Wir scheinen auch die gleichen Leute anzuhimmeln, ähnliche (amerikanische) Shows zu gucken und einfach in vielerlei Hinsicht einen ähnlichen Geschmack zu haben.

Darum habe ich bei den Referenzen, die er in seine Songs einbaut, bei den Outfits, die er trägt und allem, was das Elias-Universum so ausmacht das Gefühl, komplett im Film zu sein (z.B. die Roc-A-Fella AF1 im Video zu „God is Great, für die ich töten würde).

Dementsprechend hoch – fast schon utopisch – sind meine Erwartungen an das Debüt. Besonders, weil ich glaube, Elias unterscheidet klar zwischen Mixtapes und Alben. Auf „Flyest Alive“ hat er gezeigt, was er kann. Jetzt will ich durch „Came from Nothing“ erfahren, wer er ist. 

1. Intro

Genau davon spreche ich. Ja, es sind nur ein paar Sekunden und ja, man hört nur den Sound einer Geldzählmaschine. Aber: Ich erkenne hier sofort eine Anspielung an den Münzwurf im Intro zu „Get Rich or Die Tryin‘“. Vielleicht zu weit gedacht, aber ich glaube nicht, dass das nur zufällig daran erinnert.

2. Weltall

So muss ein Album anfangen. Heftiger Banger! Aber auch gewohntes Terrain, muss man sagen. Hätte in der Form auch auf „Flyest Alive“ sein können.

3. New Era

Das ist es, was ein Debütalbum braucht: Die eigene Story. Dass Elias die im Jahre 2020 nicht mit 100 Bars auf einem Piano-Sample erzählt, sondern häppchenweise serviert, ist logisch. Trotzdem erscheint mir besonders der zweite Part wie ein ganz wichtiges Puzzlestück, um den Character Elias besser fassen zu können.

4. Selfie

Solide. Ohne jetzt bei Rap den Deutschlehrer spielen zu wollen, aber wie kann es sein, dass solche vermeidbaren Fehler wie „kein Geschenke“ in der Hook durch so viele Hände gehen? Das „e“ hätte doch sogar in die Reimkette gepasst. Unnötiger und ärgerlicher Schönheitsfehler.

5. Benzo

Was soll man hierzu groß sagen? Schon lange auf der Liste der besten Tracks des Jahres – absoluter Standout-Track! Und was mich angeht: Sobald irgendwo auch nur die kleinste Jay-Z-Referenz auftaucht, ist es um mich ohnehin geschehen.

6. Revenge

Ähnlich – ebenfalls eine Single gewesen, ebenfalls seit Release wieder und wieder gepumpt. Stabiler Representer. Bislang auch mein Lieblingsbeat auf dem Album.

7. Fly wie Aaliyah

Ganz neue Facette. An den Klang der Hook muss man sich erstmal gewöhnen, die Stimmlage gab es bei Elias bisher nicht. Geht nach zwei, drei Durchgängen aber richtig gut rein und auch hier wieder: Aaliyah, Baby Bash, Lloyd Banks, „Romeo must die“,…ich liebe diese Querverweise einfach. Dadurch tut sich immer eine ganz neue Welt auf. Wie ein Beipackzettel zum Album für die, die noch tiefer eintauchen wollen (Ich, haha).

8. Underdog

Sehr, sehr gut. Läuft auch seit Release regelmäßig. Der Song hat auch eine ganz eigene Stimmung: Durch den Beat leicht melancholisch und gleichzeitig super aggressiv und machtvoll durch die Vortragsweise. So wie Underdogs eben sind, die gerade gewonnen haben – nice!

9. Hunnids

Bringt die Stärken von Elias gut auf den Punkt: Modernes Soundbild, aber eine Spitter-Attitüde und Flows wie von seinen Helden aus den Golden Days. Guter Song!

10. TRL (Skit)

Beste! A) Ich liebe gut gemachte Skits und freue mich, dass es momentan wieder mehr davon gibt. B) Ich weiß noch, wie ich 2005 vor dem Fernseher saß und genau diese Episode von TRL gesehen hab… Langsam ist die Quote an Querverweisen, mit denen Elias mich komplett abholt, echt surreal.

11. Teenage Dream

So sehr ich das alles auch gefühlt habe, hatte ich vor dem Album ein bisschen die Angst, dass sich die Songs zu stark ähneln würden. In den Singles war schon ein klares, sich wiederholendes Muster erkennbar. Doch jetzt, nach gut zwei Dritteln des Albums, muss ich sagen: Die Angst war unbegründet. „Teenage Dream“ zeigt eine weitere Facette von Elias: Laid back as fuck – richtig gut.

12. AF 1

Ganz ganz böser Beat! Inhaltlich auf den Spuren von Nelly. Vielleicht ist Elias ja auch irgendwann an dem Punkt, an dem er wie Nelly ein neues Paar für jede Nacht holt statt wöchentlich, haha.

13. Jacob & Co.

So ein Brett! Der Song zeigt auch sehr gut, warum Elias so gut ankommt. Es ist nicht der Fakt, dass er mit den gleichen Referenzpunkten spielt wie die Amis. Es ist der Fakt, dass er einen vergessen lässt, gerade Deutschrap zu hören. Nur er (und höchstens Shindy) bringt diesen Film so authentisch und kann ohne Fremdscham auszulösen z. B. davon berichten, sein Ice bei Jacob zu kaufen. Also da, wo auch Hov, Kanye oder Rick Ross hingehen. Hätten wir das Jahr 2002 und Elias wäre Amerikaner, hinge ihm wohl eine Roc-A-Fella-Chain um den Hals.

14. Money Mitch (Skit)

Nicht weniger als ein großartiges Zitat aus „Paid in Full“, einem meiner Lieblingsfilme! Ich kann mich nur wiederholen: Langsam wird es surreal, wie perfekt zugeschnitten das alles auf mich ist.

15. Tag und Nacht

Runder Abschluss und ein typisches Outro-Thema: „Was haben wir getan, um da zu landen, wo wir jetzt sind?“ Aber ich hätte mir gewünscht, dass die Story spätestens hier noch etwas tiefer geht. Ein paar Anekdoten aus seinem bisherigen Weg, Shoutouts an die Homies, Reflexionen über den bisherigen Karriereverlauf… Outrotalk eben. Nichtsdestotrotz ein guter Song, aber nicht ganz das, was ich mir an der Stelle gewünscht hätte.

Fazit:

Elias hat nicht enttäuscht. Man merkt eine Weiterentwicklung in seinem Sound und spürt, dass er auf den großen Tag des Debütalbums hingearbeitet und nicht einfach nur 15 Tracks gesammelt hat, um ein Release fertig zu bekommen. Auch, dass das Album trotz seiner guten Kontakte ohne Features auskommt, beweist das. Was den Style betrifft, macht ihm hierzulande keiner etwas vor. An der Stelle auch ein fettes Shoutout an alle Beteiligten für die großartige Produktion. Das einzige Manko ist, dass Elias‘ Story zwar angeschnitten, aber für meinen Geschmack noch nicht offen genug erzählt wurde. „Came from Nothing“ ist ein überdurchschnittlich guter Start. Aber es ist noch nicht das makellose Meisterwerk, das sein Potenzial verspricht. 8/10